2014/15

Ásma asmáton
 

Die Mauthausen-Kantate

Ein griechischer KZ-Überlebender schreibt aufwühlende Gedichte. Ein griechischer Komponist vertont sie mit fröhlichen, volksliedhaften Melodien. Ein überwiegend deutscher Chor fährt nach Polen, um die Mauthausen-Lieder am Gedenktag der Lager-Befreiungen vorzutragen. Die Geschichte eines Wagnisses... Hier die Bilder von der Reise und den außergewöhnlichen Konzerten:

Die Einladung

Liebe Mitsängerinnen und -sänger bei bisherigen Küchenchorprojekten, schon zum vierten Mal wenden wir uns hiermit an Sie und euch, die ihr bei früheren Projekten dabei gewesen seid (wer keine Mails mehr bekommen möchte: einfach Bescheid sagen). Noch immer sind die drei Vorgänger im “Westerwälder Kulturgedächtnis” an prominenter Stelle präsent: 2006 die wunderbare Misa Criolla, 2008/09 der niemals zu toppende Canto General und erst im letzten Jahr die großartigen Stücke zur Industriekultur bei der “Nachtschicht” in Wissen – jedes hatte seine Eigenarten, seinen Charme, aber auch Ecken und Kanten. So möchten wir das ja auch haben. Unsere Projekte sind immer embeded, beanspruchen einen Kontext, sollen nicht nur “einfach so” und “just for fun” sein (doch, Spaß machen sollen sie auch). Erneut lassen wir uns leiten von Themen, die das Land, aber auch die Region beschäftigen. Nächstes Jahr, wieder um Pfingsten herum, befasst sich unsere Lieblings-Kultur-Location, das KulturWerk Wissen, mit dem Schicksal der Zwangsarbeiter, die es leider auch in der dortigen Industrie im zweiten Weltkrieg gegeben hat. Und nächstes Jahr jähren sich zum siebzigsten Mal die KZ-Befreiungen zum Ende dieses Krieges. Wenn man jetzt noch weiß, dass Mikis Theodorakis, der uns allen bekannte Komponist des Canto General, in den sechziger Jahren Gedichte von Iakovos Kambanellis, einem zwei Jahre im Vernichtungslager Mauthausen bei Linz eingesperrten und gequälten griechischen Dichter und Dramatiker, vertont hat, dann ahnt man vielleicht schon, worum es bei unserem nächsten Projekt gehen soll:

Die “Mauthausen-Lieder”

von Kambanellis und Theodorakis sind unser Thema.  Vier Gedichte seines Landsmanns hat Theodorakis vertont und angeführt wird der auch als “Mauthausen-Cantate” bekannte Zyklus von einem Stück mit dem Titel Ásma asmáton, was auf Griechisch “Lied der Lieder” heißt. Das Vorbild dazu kennen Sie sicher auch, es steht im Alten Testament, soll bis in die Zeit Salomons um 1000 v. Chr. zurückreichen und gilt quasi als Urform aller Liebeslieder schlechthin. Und auch hier, mitten in den unbeschreiblichen Schrecken eines Konzentrationslagers, dessen Insassen so lange in Granitsteinbrüchen arbeiten mussten, sadistisch gequält und ihrer Würde beraubt wurden, bis sie tot waren, besingt der Dichter die Kraft der Liebe: Wunderschön ist meine Liebste In ihrem Alltagskleid Mit einem Kamm im Haar Keiner wusste, dass sie so schön ist Ihr Mädchen aus Auschwitz Ihr Mädchen aus Dachau Habt ihr meine Liebste nicht gesehen? Nur für Nicht-Theodorakis-Kenner (also natürlich nicht für Sie!) ist erstaunlich, wie volkstümlich, fast fröhlich er diese Verse vertont hat. Der Schrecken ist gegenwärtig, aber er siegt nicht, er kann die Liebe, den Mut, die Kraft der Erinnerung nicht verdrängen. Sie sollten es unbedingt selbst fühlen, es ist einfach erstaunlich.

Befreiung des KZ Mauthausens durch die Amerikaner am 5. Mai 1945.

Da der Zyklus ein wenig kurz ist für ein ganzes Konzert, werden wir ihn um einige passende Lieder aus dem 18. bis zum 21. Jahrhundert (u.a. von Johann Sebastian Bach, Ola Gjeilo und Frank Ticheli) ergänzen. Zwei Aufführungen wird es zumindest geben: Nach bisheriger Planung werden wir vom 30.1. bis zum 1.2. 2015 nach Krapkowice, dem polnischen Partnerkreis unseres Kreises Altenkirchen, fahren und die Werke dort im Rahmen eines offiziellen Partnertreffens in einer großen Kirche vortragen. Die Konzertreise wird von uns komplett organisiert werden (Bus, Quartiere, Proben, sonst. Programm), so dass Sie sich um nichts kümmern müssen.

Außerdem steht natürlich der bereits erwähnte Auftritt im Mai im KulturWerk Wissen an, weitere Konzerte sind nicht ausgeschlossen. Wie immer werden wir auch eine kleine Gebühr (40 Euro) für die Teilnahme erheben müssen, allein schon, um die Noten und die Aufführungsrechte zu kaufen. Bitte sprechen Sie uns an, wenn Sie das Geld nicht aufbringen können, daran soll es nicht scheitern. Gerne dürfen und sollen Sie auch mitsingen, wenn Sie im Januar keine Zeit haben, nach Polen mitzukommen. Bitte schreiben Sie uns doch eine kurze Antwort an webmaster@dergeheimekuechenchor.de, wenn Sie sich für das Projekt interessieren, gerne geben wir auch w eitere Auskünfte (bitte schreiben Sie uns vor allem, wenn Sie erst ein oder max. zwei Wochen später einsteigen können). Entnehmen Sie sich bis dahin bitte weitere Informationen der Presse und schauen Sie wie immer auf www.dergeheimekuechenchor.de vorbei. Und schließlich das Wichtigste: Kommen Sie einfach am Montag, den 22. September 2014 um 20 Uhr in den großen Saal der Kreisverwaltung Altenkirchen (Eingang unter den Säulen) und lassen Sie sich (wieder einmal) ein auf ein spannendes, aufregendes Chor-Projekt! Bringen Sie Ihre Freundinnen und Freunde (besonders Tenöre 😉 mit und singen Sie mit uns das “Lied der Lieder”! Wir freuen uns auf Sie und euch!

Bis bald, Martin Schmid – Der Geheime Küchenchor

Nachtschicht im kulturWERKwissen 2015